Buchbesprechung: „Pilgern mit Kindern: Per Rad auf dem Jakobsweg“ von Boris Burcza

Pilgern mit Kindern offenes Buch

Ein Familie, bestehend aus Eltern und zwei Kindern, begibt sich mit Fahrrädern und Kinderanhänger auf den Jakobsweg – Auf der Suche nach meinem nächsten Thema, über das ich hier schreiben möchte, bin ich irgendwie auf dieses Buch gekommen und dachte, es könnte einige Leser hier eventuell interessieren.

Pilgern, Jakobsweg: Das klingt schon sehr gläubig und fast schon zu katholisch. „Damit hab ich nichts am Hut“, denkt vielleicht manch einer. Aber meiner Meinung nach, muss man nicht unbedingt gläubig sein, um so eine Reise anzutreten. Unter Umständen findet man auf dem Weg ja zu einer Art Spiritualität? – Aber selbst wem das zu suspekt ist, kann es dennoch einfach mal versuchen, oder lediglich dieses Buch zur Hand nehmen, es lesen und sich gegebenenfalls inspirieren lassen. Für den Autor selbst war es mehr Urlaub mit der Familie und eine Art Wallfahrt.

Aber genug mit dem Vorgeplänkel, hier die Buchvorstellung:

Der Autor: Boris Burcza

…ist gleichzeitig der Vater der Familie Burcza. Er ist neben Familienoberhaupt und Vollzeitpapa Anästhesist in Karlsruhe, von wo aus die Reise auch starten wird. Gemeinsam mit seiner Frau Ania hat er schon so manch längere Radtouren unternommen. Die Pilgerfahrt war bisher seine größte Herausforderung, woraus sein erstes Buch resultierte, das am 15. Februar 2014 erstmals veröffentlicht wurde.

Familien-Vorstellung

Die Familie

Gleich auf den ersten Seiten werden alle Teilnehmer der Pilgerreise kurz vorgestellt. Die Familie besteht aus den beiden Elternteilen, Boris und Ania Burcza, und den zwei Kindern, dem elf Monate alten Natan und seiner dreieinhalbjährigen Schwester Emilia.

Die Radausrüstung

Verwendet haben Boris und Ania Falträder der Marke Tern, ein 12-Zoll Kinderfahrrad für Emilia, mit dem sie knapp 40 Kilometer selbst gefahren ist, und einen Fahrradanhänger von Kindercar, der für zwei Kinder Platz hat und vollbepackt ein Gewicht von ungefähr 60 Kilogramm maß. Funktionsbekleidung und Regengarnituren kamen auch zum Einsatz, außerdem wurden drei Taschen für die Fahrräder selbst genäht, da der SNCF in Frankreich recht eigenwillige Vorschriften für den Transport von Fahrrädern in Zügen hat. Schlafsäcke und eine Reiseapotheke durften außerdem nicht fehlen.

Die Struktur des Buches

Der Inhalt erstreckt sich über 181 Seiten im angenehmen Taschenbuchformat. Wie oben schon erwähnt, beginnt das Buch mit der Kurzvorstellung der Familie gefolgt von einem Prolog, der die Abreise von der Haustür aus zum Bahnhof nach Karlsruhe beschreibt.

Von dort aus geht die Zugfahrt los: von Karlsruhe nach Paris, von Paris weiter nach Irun an der französischen Gränze in Spanien/Baskenland und von Irun schlussendlich nach San Sebastian (baskisch: Donosti oder Donostia). Von hier aus soll die Pilgerfahrt starten. Befahren wird der Camino del Norte, die Nordroute des Jakobswegs an der spanischen Küste entlang.

In 26 Etappen fährt die Familie nach Santiago de Compostela. Jede davon ist ausführlich beschrieben. Zu jeder Stadt gibt es zusätzlich kleine Kartenschnipsel, wie ich sie beschreiben würde, die meist eine kurze Stadtbeschreibung mit Sehenswürdigkeiten oder Ähnliches und manchmal sogar einen Internetlink enthalten.

Oviedo Kartenschnipsel

An das Ende der letzten Etappe schließt ein Epilog an, der die Rückreise kurz thematisiert. Hier ist ungefähr die Hälfte des Buches erreicht.

Was kommt jetzt noch? – Jetzt kommt noch ein detaillierter Wegverlauf zu jeder Etappe, beginnend mit einer Karte, die den gesamten Weg der Nordroute, die die Familie befahren hat, nochmal grafisch darstellt.

Karte Camino del Norte

Solch eine Karte würde ich mir eher zu Beginn wünschen, damit man von Anfang an einen Überblick des Ganzen bekommt – mag aber Geschmacksache sein.

Das Buch endet mit einem Informationsteil, der unter anderem die Ausrüstung, den Pilgeralltag und die Verpflegung beinhaltet.

Pilgeralltag

Der Inhalt

Die Etappenabschnitte erzählt der Autor unterhaltsam humoristisch und in einer Form des Tagebucheintrags. Wie uns schon die Lindenstraße beibrachte, sind es eben die Alltagssituationen, die Menschen interessieren und nachvollziehen können. Und gerade davon lebt dieses Buch.

Auch erhält der Leser einen Eindruck davon, wie anstrengend das Radpilgern vor allem im bergigen Baskenland und Galizien ist, aber dass dieser Umstand auch jedes Mal belohnt wird: Wegbekanntschaften, tolle Strände und Erfahrungen trösten darüber hinweg, welche Anstrengungen dafür nötig waren.

Strapazen mit dem Fahrradanhänger bleiben in Spanien nicht aus, da diese dort auf den Straßen nahezu unbekannt sind. Dazu kommen kaputte Pedale, Anhalten von der Polizei und Krankheitsfälle. Aber welche Höhen und Tiefen auch überwunden werden müssen – am Ende kommt die Familie doch glücklich in Santiago de Compostela an.

Eine Empfehlung des Autors für Radpilger geht im Informationsteils dazu, die Nordroute des Jakobswegs zu befahren, anstatt des „richtigen Jakobswegs“, wie er es nennt, da es im Norden asphaltierte Straßen zum vorankommen gibt, die auf dem Camino Frances (der „richtige“ Jakobsweg durch das Landesinnere) eher weniger zu finden sind. Dort sollte man, wenn nicht zu Fuß, mit einem Mountainbike unterwegs sein.

Der Abschnitt „Wegverlauf“ erläutert die exakte Route, die die Familie genommen hat. Kilometerentfernungen bis zur nächsten Linkskurve und weiterführende Wegweiser sind hier detailliert Etappe für Etappe aufgeschrieben; äußerst nützlich, wenn man vorhat, den gleichen Weg abzufahren.

Wegverlauf 3. Etappe

Zum einfachen lesen ist der Teil etwas trocken, da es sich tatsächlich nur um eine konkrete Wegbeschreibung handelt. Daher war es meiner Meinung nach auch sinnvoll, diese in einen separaten Abschnitt des Buches auszulagern. So kann man diesen doch eher rein informativen Teil auch nur schnell überfliegen.

Fazit

Buchcover

Alles in allem war das Buch für mich eine positive Überraschung. In einem Schwupps habe ich es durchgelesen. Informationsreich und unterhaltsam vereint es alles, was solch ein Buch benötigt und übersteigt damit meine Erwartungen.

Es ist weitaus mehr als nur ein kurzer Reisebericht über eine Familie mit Rädern auf dem Camino del Norte. Zusätzlich zu den Tageseinträgen sind wichtige Reiseinformationen über Herbergen, Kosten, Städte, Verpflegung u.v.m. sowie die exakte Wegführung der Reise im Buch enthalten. Dies macht es zu einem abenteuerreichen, amüsanten Reisebericht inklusive eines ausführlichen Reiseführers.

Eine klare Weiterempfehlung erhält das Buch damit von mir für Rad begeisterte Familien, die auf der Suche nach ihrem nächsten Abenteuerurlaub sind und vorher Inspiration und Informationen benötigen; aber auch für Fahrradpilger ohne Kinder können die enthaltenen Informationen hilfreich sein.

Aber auch zum einfach nur Lesen bietet das Buch so viel Unterhaltung und Kurzweile, was mir persönlich sehr gut gefallen hat.

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