Vom Hobby zum Beruf: Eigenen Fahrradladen eröffnen

Eigener Fahrradladen

Für viele Menschen mit unternehmerischer Ader ist es ein Traum, ein langbewährtes Hobby in eine berufliche Zukunft zu wandeln. In der Fahrradbranche gibt es viele Gründer die bereits in der Freizeit schraubten und daraus ein Unternehmen in Form vom eigenen Fahrradladen gründeten. Oft mit Erfolg und manchmal mit echtem großen Durchbruch. Der Weg zum eigenen Fahrradladen ist jedoch weit und sollte gut durchgedacht und geplant sein.

Formale Voraussetzungen für einen eigenen Fahrradladen

Selbstständigkeit bedeutet große Verantwortung. Im Fahrradladen mit eigener Werkstatt ist diese erheblich und sollte bedacht sein. Im ersten Schritt bedarf es einer Gewerbeanmeldung in der detailliert das Geschäft beschrieben wird. Vom Leistungsspektrum ist es abhängig ob eine weitere Erlaubnispflicht besteht. In jedem Fall bedarf es der Mitgliedschaft in der Handwerkskammer. Fachkenntnisse sind für die Eröffnung vom Fahrradladen mit Werkstatt wichtige Bedingung. Die Kenntnisse können auch über eine leitende Person wie den Werkstattleiter nachgewiesen werden. Fachlich ausgebildetes Personal ist Pflicht!

Bevor der erste Kunde den Fahrradladen betritt, braucht es eine Betriebshaftpflichtversicherung. Sie ist Pflichtbestandteil für dieses Geschäftsmodell. Jede Schraube muss beim Fahrrad sitzen und tut sie das nicht, muss die Absicherung stimmen.

Allgemeiner Fahrradladen oder fürs Spezialrad

Die eigene Region gehört sauber analysiert, denn ob in einer Stadt ein allgemeiner Fahrradladen eine reale Chance hat, kommt neben den gebotenen Alleinstellungsmerkmalen (USP) auch vom Wettbewerb ab. Zufriedenheitsumfragen durchzuführen steigert das Wissen über den Markt zusätzlich. Geht es beim eigenen Fahrradladen um ein Spezialgebiet, fällt es oft leichter zu analysieren. Zunächst ist nur zu prüfen ob es diese Nische schon in der Region gibt.

Verkauft bereits ein Fachgeschäft mit großem Fokus E-Bikes, oder sind sie nur ein kleiner Teil vom Sortiment? In Deutschland rüsten immer mehr Haushalte auf Elektrofahrräder um, dies zeigt auch deutlich eine Statistik vom Statistischen Bundesamt. Vom Jahr 2014 bis 2017 stieg die Anzahl der E-Bikes um 85%. Von einst 1.235.662 Rädern auf 2.280.241. Das Jahr 2018 wird einen weiteren Anstieg der E-Bikes liefern.

Statistik E-Bikes in Deutschland

Durchschnittliche Verkaufspreise für Fahrräder

Deutschland ist eine Fahrradnation und in Europa auf Platz 4 bei den durchschnittlichen Verkaufspreisen. Die Drahtesel werden bei uns im Land für im Schnitt 643 Euro gekauft. Das ist ordentlich. Denn in Bulgarien, Schlusslicht in Europa in diesem Bereich, sind es nur 125 Euro. In den Niederlanden dafür aber stolze 1.010 Euro. So stark wie in den Niederlanden ist der Verkaufspreis nirgendwo auch nur ansatzweise. Platz 2 ist Dänemark mit 700 Euro und Österreich mit 660 Euro.

Fahrradpreise in Europa nach Ländern

Die Zahlen auf Landesebene zu kennen ist noch nicht alles. Wichtig ist auch herauszufinden wie diese sich im Land selbst verhalten. In welchem Bundesland werden akzeptieren Menschen welche Verkaufspreise? Wie sehen die Absatzzahlen in den Bundesländern aus? Welche Städte haben für den Markt den größten Wert? Fragen die sich jeder Gründer stellen muss bevor er einen Fahrradladen aufmacht.

Saisonales Business mit schwachem Winter

Ein Fahrradgeschäft wird ganzjährig gebraucht, jedoch gibt es saisonale Schwankungen. Vom April bis Oktober ist die Hauptzeit im Fahrradladen. Die Winterzeit ist ein geschäftliches Tief. Für dieses Tief gilt es in der Hauptsaison für Ertrag zu sorgen der den Laden durch die ruhigen Monate trägt. Finanzielle Reserven sind im Fahrradladen unerlässlich. Personal- und Mietkosten fallen auch im Winter weg. Stammpersonal sollte jeder Geschäftsführer langfristig an sich binden. Peaks im Sommer können durch Teilzeitkräfte und befristete Saisonarbeiter abgefedert werden. Hilfreich ist es, wenn man sein Fahrradgeschäft aus der Offline-Welt zusätzlich in der Online-Welt stattfinden lässt. Internationale Geschäfte übers Internet können sogar die schwachen Wintermonate kompensieren.

Alleinstellungsmerkmale (USP) definieren

Mit einem Fahrradladen ist man in Deutschland nur einer von tausenden Gründern. Fast jede Stadt hat bereits mindestens ein Fahrradgeschäft. Möchte man sich am Markt behaupten in Kundschaft begeistern, gewinnen und binden, braucht es Alleinstellungsmerkmale. Die müssen durchdacht und umgesetzt werden. Öffnen sich die Türen vom Laden, entsteht der erste Eindruck. Jetzt gilt es.

Mit einer eigenen Teststrecke heben sich Einzelhändler von der Masse definitiv ab. Heute haben fast nur die ganz großen Unternehmen noch eigene Strecken. Zum Beispiel bei Fahrrad Stadler direkt in den Verkaufshallen. Natürlich haben die durch ihren Platz andere Möglichkeiten. Doch eine Teststrecke muss nicht groß sein. Sie muss auch nicht unbedingt im Laden sein, es geht auch in einem Hinterhof oder auf einem eigenen Parkplatz.

Radfahrprüfung und Verkehrserziehung wäre eine weitere Option um sich in der Stadt einen Namen zu machen. Jährlich findet Verkehrserziehung auf den Schulhöfen der Grundschulen statt. Kinder kommen mit eigenem Fahrrad und Helm und nehmen am Unterricht der Polizei in der Grundschule teil. Wieso nicht bei ausreichend Platz eine feste Radstrecke auf dem Firmengelände schaffen und die Verkehrserziehung in Kooperation mit Bildungsträgern anbieten? Eltern und Kinder lernen den Fahrradladen kennen. Zubehör kann direkt erworben werden und die Wahrscheinlichkeit, dass beim nächstem Fahrradkauf ein Elternteil zurückkehrt ist hoch.

Schrauberkurse und Workshops bringt den Menschen das Thema Fahrrad näher. Für viele Menschen ist es bereits ein Problem, wenn eine Reifenpanne entsteht. Wie wird das Hinterrad ausgebaut um den Schlauch zu wechseln? Wie kann ich einen Fahrradschlauch unterwegs flicken? Für Hobbyschrauber und Profis sind das gar keine ernsten Themen. Der normale Radfahrer kann hier ins Schwitzen kommen. Ein kleiner Workshop im Fahrradladen und schon gibt es 5 bis 10 Menschen mehr in der Stadt, die diese Schritte selbst erledigen können.

Fahrradladen mit Workshops und Kursen

Manch ein Händler glaubt er würde sich durch die Weiterbildung der Kundschaft, diese gleichzeitig reduzieren. Kommt der Kunde der seinen Reifen selbst flicken kann noch in den Laden? Klar, vielleicht nicht mehr damit man ihm einen neuen Schlauch einbaut. Aber er kauft den Schlauch noch im Laden. Oder nimmt sich weitere fachliche Beratung. Kauf anderes Zubehör, lässt es montieren usw. Und ein jeder Kunde der zufrieden an einem Workshop / Kurs teilnahm, wird es weitersagen und begeistert über den Radladen sprechen. Es kommt zur regionalen Werbung!

Eigene Werkstatt im Fahrradladen

Die Technik an Fahrrädern wird jährlich komplexer. E-Bikes sind mit ihren Motoren und Akkus sicher das beste Beispiel. Aber auch Schaltgruppen bei Kettenschaltungen, sowie die Nabenschaltungen von Rohloff bis Nuvinci lassen an Komplexität nicht missen. Kunden können viele Reparaturen nicht mehr selbst erledigen. Die eigene Werkstatt im Fahrradladen ist deshalb ein großer Pluspunkt und längst nicht in allen Geschäften Standard. Daher gilt sie heute noch als Alleinstellungsmerkmal im Handelsgeschäft. Mit ihr kann der Umsatz auch im Winter stabilisiert werden. Im Frühjahr kann eine Werkstatt einen regelrechten Sturm auf den Laden auslösen, da alle Menschen ihre Bikes fit für die Saison machen lassen.

Selbstredend sollte jedoch klar sein, dass in einer Fahrradwerkstatt auch ausgebildetes Personal arbeiten sollte. Ein Zweiradmechaniker oder Mechatroniker mit Fachrichtung Fahrrad, ist entsprechend eine gute Investition. Startet man den Laden allein, ist es hilfreich selbst über diese Ausbildung zu Verfügung. Je nach Richtlinien für den Betrieb einer Werkstatt, kann auch ein Meisterbrief notwendig werden.

Für den Betrieb einer eigenen Fahrradwerkstatt reicht es meist nicht aus, einfach nur ausgebildetes Personal zu beschäftigen. Auch die Arbeitsumgebung sollte so gestaltet werden, dass dein Personal oder du selbst gut arbeiten können. Das fängt schon bei der richtigen Beleuchtung in der Fahrradwerkstatt an.

Fahrradverleih direkt im Laden

Je nach Region kann sich der Verleih von Fahrrädern lohnen. Besonders in Ferienregionen oder nahe an touristischen Radwegen ist das von Vorteil. Leihräder können aber auch in Form von Ersatzrädern dienen, wenn ein Kundenrad in der Werkstatt ist aber der Kunde auf sein Zweirad angewiesen ist. Hierfür kann im Fahrradladen eine kleine Flotte aus drei Fahrrädern bereitgestellt werden. Meistens gibt es diesen Luxus im kleinen Einzelhandel nicht mehr. Und Kunden die ihr Bike brauchen, werden deshalb nur zweimal überlegen in welchem Fahrradladen sie die Reparatur durchführen lassen.

Zusammenfassung

  1. Formalitäten wie Gewerbeanmeldung, Versicherung und Fachkenntnisse müssen für einen erfolgreichen Fahrradladen vorhanden sein.
  2. Die Region muss für einen Fahrradladen geeignet sein. Flachland ist oft besser geeignet als die Bergwelt. Jedoch unterscheidet sich das auch von Art zu Art der Räder und dem Publikum. Der Wettbewerb muss analysiert werden.
  3. Die eigene Zielgruppe muss definiert werden um ein Kundenbild zu schaffen. Dabei wird auch das Leistungsspektrum und Angebot beschrieben. Hierbei sind Trends zu berücksichtigen wie beispielsweise die Zielgruppe 60+ wenn man E-Bikes anbietet.
  4. Das Bewusstsein für die saisonalen Schwankungen sollte unbedingt vorhanden sein. Die Bereitschaft, ganzjährig immer finanzielle Polster für die Winterzeit zu schaffen, ist wichtiger Bestandteil vom Business.
  5. Zusätzliche Umsatzkanäle wie Werkstatt, Kurse, geführte Radtouren etc. sind gute Alleinstellungsmerkmale und machen sich im Marketing positiv.

Bildquellen

  • Titelbild: ID 104551638, nejron – depositphotos.com
  • Bild bei Workshops: ID 187837778, IgorVetushko – depositphotos.com

8 Kommentare

  1. Guten Tag,

    Ich habe eine Frage zum Thema Mobil Fahrradwerkstatt .
    Was sind die Voraussetzungen um eine Mobile Werkstatt zu gründen
    .
    Vielen lieben Dank im voraus

    • Da bin ich ein wenig überfragt, denn das war für mich bisher noch nie ein Thema. Generell ist es ein Gewerbe, d.h. Du solltest vorher einen klaren Plan erstellen, welche Kosten und Investitionen Du hast. Dann schauen, ob Du diese auch unter erschwerten Bedingungen wieder einspielen kannst. Die lokale IHK hat oft Gründungsberater die hier helfen können. Erst danach würde ich dann ein Gewerbe anmelden und starten.

  2. Hallo,
    ich habe es nicht ganz verstanden. Brauch ich eine Ausbildung wenn ich eine Fahrrad Werkstatt eröffnen möchte?
    Oder kann ich das einfach machen wenn ich einfach Erfahrung darin habe?
    Ich würde nämlich eine Fahrrad Werkstatt mit verkauf gerne eröffnen, und bin mir jetzt nicht mehr sicher ob es erlaubt ist.
    MFG

    • Du kannst eine Werkstatt eröffnen. Eine Ausbildung oder jedes andere Vertrauenslogo kann Dir sicherlich mehr Vertrauen der Kunden im Marketing einbringen und sich positiv auf den Umsatz auswirken – muss es aber nicht. Du kannst Details zur Gründung immer bei der IHK / Handwerkskammer erfragen. Die unterstützen hier gerne, weil die ja später jedes Jahr „zwangsweise“ einen unvermeidbaren Beitrag von Dir kassieren.

    • Ich vermute Du meinst, wie Du als Inhaber eines Fahrradgeschäfts an E-Bikes von Herstellern kommst? Die meisten Hersteller arbeiten hier bei Erstbestellungen mit Vorauskasse. Später erfolgt dann eine Lieferung auf Rechnung. Die Zahlungsziele gehen oft von der Lieferung im Herbst bis in das Frühjahr, da hier erst der Verkauf an die Endkunden so richtig beginnt. Die Möglichkeit einer Rückgabe an den Hersteller gibt es sehr selten, es wird also nicht auf Kommission geliefert. Da die Hersteller allerdings sehr verschiedene Bedingungen haben, kannst Du Details nur bei diesen erfahren. Die Rabatte inkl. der Werbekostenzuschüsse richten sich nach Marke (und deren Support auch für Dich) und Deinem Handelsvolumen mit der Marke bzw. Deiner Attraktivität für den Hersteller. Übliche Rabatte liegen zwischen 30% und 55% auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers bzw. den Listenpreis.

  3. Hallo zusammen
    Also wenn ich das richtig sehe ist es nicht Pflicht, aber gerne gesehen wenn man eine Ausbildung hat in diesem Bereich, um einen Laden zu eröffnen. Ich würde einen Business-Plan empfehlen, den ich bei der IHK oder beim Gewerbeamt ggf. der Bank vorlege, um so sehen mit wie viel Anschaffungskosten ich rechnen muss, damit ich den Laden voll ausstatten kann, so wie ich mir das vorstelle.

    • Ein Businessplan ist immer gut, der ist aber im wesentlichen für Dich und sagt der Bank nur, dass Du ein wenig mehr nachgedacht hast. Einen Kredit bekommst Du nur deshalb nicht, da sind noch andere Faktoren wichtig, wie z.B. Sicherheiten. Die Räder bekommst Du von einigen Herstellern auf Kommission oder mit einem langen Zahlungsziel. Aber auch hier geht es viel um Vertrauen, denn der Lieferant muss da darauf setzen, dass Du aus den Kundeneinnahmen auch seine Rechnungen bezahlst.

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