Brotride: Das Alpencross-Tagebuch

Brotride: Das Alpencrosstagebuch

Mein Alpencross mit Brot, Salz und Wasser – 6 Etappen, 9000 Höhenmeter und 390 Kilometer mit stark eingeschrĂ€nkter Nahrung. Wie es mir dabei ergangen ist und ob ich durchgehalten habe, beschreibe ich in den folgenden Zeilen. Wie ich auf die Idee gekommen bin und warum genau die Tour so gefahren wird, erklĂ€re ich in diesem Artikel. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

Vorstellung der Fahrer:

Matthias

Ich bin Redaktionsmitglied beim Fahrradblog und schreibe hier ĂŒber meine Leidenschaft, den Radsport. Als Testtour war ich auf dem Rennsteig unterwegs und saß mehrmals die Woche fĂŒr ein paar Stunden auf dem Rad oder bin joggen gegangen. Eine gute Grundfitness auf dem Fahrrad ist meine Voraussetzung fĂŒr dieses Event!

Matthias

Chris

Chris ist allgemein sportlich. Volleyball, Kegeln und Fußball gehört bei ihm neben dem Fitnessstudio zum wöchentlichen Training. Der Radsport ist ihm jedoch fremd. Im Vorfeld hat er 80 Kilometer mit mir trainiert und mein Reiserad ausprobiert. Sein eigenes Fahrrad ist fĂŒr einen Alpencross ungeeignet.

Chris

Die Anfahrt und der Aufbau unseres Alpencrosses

Lange Zeit machte ich mir Gedanken, wir wir am besten zum Startpunkt unserer Tour kommen. Zum Projekt wĂŒrde es passen, mit dem Bus, per Bahn, oder gleich mit dem Rad anzufahren. Mein Auto ist es schlussendlich geworden. Zu zweit mit zwei FahrrĂ€dern, Packtaschen und Rucksack wurde eine Anreise per Zug/Bus leider zu teuer und zu zeitintensiv. Auf der Autobahn gingen wir noch einmal die nĂ€chsten Tage durch. Chris darf essen, was er möchte, ausgemacht ist nur, dass er mir nach Möglichkeit nichts vorisst. Eins ist gewiss, mein Appetit wird auf mehr als auf Brot aus sein! Unsere Strecken sind unterschiedlich. Meine Tour hat mehr Höhenmeter und geht öfter ĂŒber unebene Wege. FĂŒr Chris habe ich eine eigene Route erstellt. Zu einfach wird diese aber auch nicht. Der Reschenpass wie auch der Umbrail- und Gaviapass befinden sich auf unser beider Wege. Nun denn, nach 5 Stunden im Auto kommen wir am Startpunkt in Garmisch-Patenkirchen an. Der Campingplatz befindet sich direkt neben einem Restaurant. Das letzte Mal fĂŒr 6/7 Tage gehen wir essen. Eingekauft haben wir natĂŒrlich auch. Ich esse und trinke, was ich nur kann. Bananen, Äpfel, FischbĂŒchsen, Suppe, gebratene HĂŒhnerbrust, Saft und Cola. Ich habe das GefĂŒhl zu platzen, denke aber, als Vorbereitung auf die kommenden Tage wird es nicht verkehrt sein.


ein letztes Mal Restaurant

Die ersten Kilometer, der Hunger und wohin mit meinem Auto in Garmisch-Patenkirchen

Ich bin aufgeregt und hatte kaum Schlaf. Das FrĂŒhstĂŒck fĂ€llt nicht gerade ĂŒppig aus: ein Weißbrötchen und eine von insgesamt vier Brezeln auf der gesamten Tour. Mein Auto stellen wir in der St.-Martin-Straße ab. Ob es in einer Woche noch da stehen wird, weiß ich nicht. Alles ist eingepackt, das Handschuhfach leer und offen, die Lenkradsperre drin, die Handbremse fest angezogen und der Gang eingelegt. Mehr kann ich nicht tun. Ich schließe ab und wir fahren Richtung Gardasee!
Meine Route fĂŒhrt mich am Eibsee vorbei und rauf zur HochthörlehĂŒtte. Die Gedanken kreisen, Chris fĂ€hrt im Tal entlang. Wird er lange warten mĂŒssen, kommt er auch hier mit meinem Fahrrad klar und macht es ihm Spaß? Was sagen mein Bauch, meine Beine? Ich fĂŒhle mich fit. Die HochthörlehĂŒtte ist schnell erreicht. Deutschland ist verlassen und Österreich begrĂŒĂŸt mich. Die zwei Mountainbiker, die ich traf, verlasse ich, denn Chris wartet schon in Ehrwald. ZurĂŒck im Tal geht es bis Imst zusammen weiter. Gemeinsam wĂ€hlten wir aber den falschen Weg und haben den Mountainbike-Radweg genommen. FĂŒr Chris und das Reiserad (Randonneur) ist dieser Weg eine Qual. Gemeistert hat vor allem Chris dies mit Bravur!

Mtb-Radweg

In Imst schlagen wir unser Nachtlager auf dem Zeltplatz auf. Mein Hunger kommt hoch und ich habe verdammt viel Durst auf Cola!!! Weißbrot, die zweite Brezel und Leitungswasser nehme ich zu mir. Das Resultat sind elende Kopfschmerzen. Ich weiß nicht, ob sie von meiner ErnĂ€hrung kommen oder von der Hitze. Die Cola am Ziel fehlt mir aber sehr. Na ja, ich bin fertig und schlafe eine Runde.

Die erste Nacht im Tarp und der Aufbau

YouTube ist in letzter Zeit mein neues Fernsehen geworden und so habe ich im Vorfeld viele verschieden Tarp-Aufbauvarianten angeschaut und mir Notizen in meinen Blog gemacht.

Tarpaufbau

Wir brauchen lange, fast eine halbe Stunde. Am Ende ist mein Mountainbike die Zeltstange, und wir haben ein schönes „Zelt“. Es ist offen, wir können rausschauen und sehen eine Regenwolke. Noch einmal der Umbau, das Fahrrad weiter rein, sodass wir unseren „Unterschlupf“ und dessen Ausgang etwas mehr schließen können. In der Nacht haben wir auch unsere „Feuertaufe“. Wir können ein Tarp sicher aufbauen, was uns gegen Nieselregen schĂŒtzt!!! Wir sind stolz auf uns und unsere Leistung!!!

Tarpzelt von innen

Der zweite Tag, jetzt schon ein Abbruch des Brotrides?

Der Tag fĂ€ngt fĂŒr uns schlecht an, da der Nieselregen noch nicht aufgehört hat. Ich muss trotzdem los. Chris hat noch einen ruhigen Tag im Tal. Auf mich warten viele Höhenmeter und zwei Weißbrötchen sowie zwei Brezeln (die letzten). Der Imsterberg geht noch recht gut, obwohl ich mich bis dahin schon einmal verfahre und etliche Höhenmeter umsonst mache!!! Ich fluche, aber noch geht es mir gut. So langsam setzt der Hunger ein, im GepĂ€ck habe ich noch ein Brötchen. Beim FrĂŒhstĂŒck brauchte ich ewig fĂŒr dieses trockene Ding. Jetzt hier oben, nachdem ich schon einmal schieben musste, war es in nicht einmal fĂŒnf Bissen weg. Verdammt, ich sage Chris Bescheid, dass ich auf die Ausweichroute gehe. Die bricht auf 1950 Höhenmeter ab und fĂŒhrt mich ins Tal nach Bichl. Der Haken daran ist, dass die Piller-Höhe noch erklommen werden muss. Auf der Abfahrt kommen mir ernsthafte Zweifel, ob ich wirklich hier runterfahren sollte. 200 Meter von mir entfernt war eine HĂŒtte. Auf der hĂ€tte ich etwas essen können, um wieder zu KrĂ€ften zu kommen. Oben sah ich doch schon den Kammweg. Ganz allein wĂ€re ich dort gewesen, um mich herum die Aussicht. Ich und mein Rad, mittlerweile auch Sonnenschein, es wĂ€re ein grandioses GefĂŒhl gewesen, wenn ich nicht schon eine Stunde zu lange gebraucht hĂ€tte. Ich erhole mich so langsam auf der Abfahrt.

Kammweg

Die NahrungsvorrĂ€te sind aufgebraucht. Ich habe kein Wasser und kein Brot mehr. In einem kleinem Laden finde ich eine neue Flasche, nur Brot war keines mehr da, dafĂŒr SĂŒĂŸigkeiten, Cola und alles andere, was ich mir selbst verboten habe. Die Piller-Höhe steht noch vor mir. „Du siehst fit aus, da brauchst du maximal noch 30 Minuten“, so die gute Dame im Laden. Mein Outfit lĂ€sst darauf schließen, dass ich öfter fahre. Meine Kondition ist aber dahin. Einen Kilometer vor der Piller-Höhe setze ich mich an den Straßenrand. Sicher zwei Meter von der Straße weg! Ich bin fertig, mir wird schon etwas schwarz vor den Augen, wenn ich mich bewege. Mein Schweiß ist kalt. Chris klingelt mich an, wo ich bleibe. Er weckt mich aus meinem Halbschlaf. Zehn Minuten wĂ€gen wir ab, was wir machen. Kaufen kann ich auf meiner Position nichts. Chris hat vorgesorgt, Brot gekauft und auch eine Cola, falls nichts mehr geht. Ich fĂŒhle mich, als ob nichts mehr geht. Ich rapple mich auf, nachdem ich noch etwas sitzen geblieben bin. Meinen Körper kenne ich gut in diesen Situationen. Nach einem Radrennen ging es mir immer so, ausgelaugt und fertig. Vorsichtig beginne ich den Kilometer hochzufahren. Von Baum zu Baum hangle ich mich. Die Cola lockt! Ich bin oben, eigentlich sollte ich mir etwas ĂŒberziehen. Ich bin durch, mir ist schon kalt. Ich will meinen Rucksack nicht absetzen, ich hĂ€tte ihn sonst dort gelassen. Die Serpentinen geht es abwĂ€rts, vorsichtig.

nach Fließ

Chris wartet an der Bushaltestelle direkt im Tal (schon seit zwei Stunden). Ich komme an und setze mich hin. Die Cola lassen wir vorerst in der Tasche. Es geht geradeso, noch. Ich esse erst einmal ein Vollkornbrot. Wir wĂ€gen ab: Brotride abbrechen und normal weiterfahren. Was ist mir wichtiger: Die Originalroute oder die Art und Weise, wie wir fahren? Die Entscheidung: Wir lassen den Rest der zweiten Etappe aus. Die Cola bleibt in der Tasche! Unser Weg verlĂ€uft direkt in Richtung Reschenpass. 2100 Höhenmeter waren es bis dahin fĂŒr mich.

Vollkornbrot im Tal

Am Abend geht es mir aber komischerweise besser als am Vortag. Auf dem Campingplatz bestellen wir Brot vor. Chris hat an diesem Tag auch nur zwei Bananen und Äpfel mehr gehabt als ich. Beim Abendbrot können wir jetzt schon riechen, was die Nachbarn kochen. Der Appetit und der Hunger auf mehr NĂ€hrstoffe wĂ€chst. Die GemĂŒsebrĂŒhe der Nachbarn war bestimmt lecker.

Der Reschenpass und die Kirche im See

Am dritten Tag wird es auch fĂŒr Chris ernst. Der erste von vielen PĂ€ssen kommt! Die Reschenstraße ist ĂŒbrigens fĂŒr Fahrradfahrer kurz hinter dem Campingplatz am Fuße des Passes gesperrt. Um mit dem Fahrrad zum Rechensee zu kommen, muss man ĂŒber das Örtchen Martina und auf der Martinsbrucker Straße bis Nauders fahren. Die Ausweichroute fĂŒr Radfahrer bĂŒrgt zwar etwas mehr Höhenmeter, dafĂŒr ist man aber an den Serpentinen fast allein unterwegs. Ab Nauders fĂŒhrt uns der Weg auf einen separaten asphaltierten Radweg weiter. Zusammen mit drei anderen Radfahrern (unsere Routen ĂŒberschneiden sich seit fast einen Tag), erblicken wir das erste Mal den Reschensee und die Kirche im Wasser.

Reschensee Kirche im Wasser

Der Reschensee ist ein angestauter See, ihm fielen die Orte Graun und teilweise Reschen zum Opfer. Übrigens wurden die EigentĂŒmer zwangsenteignet und einen Realersatz gab es auch nicht. Das ist der fade Beigeschmack an dieser wunderschönen Gegend und dem blauen Reschensee. Die Kirche im Wasser erinnert uns daran, dass hier mal Ortschaften waren.

In diesem See gehen wir dann doch nicht baden. Einerseits ist er gerade recht kalt und wir wollen noch bis Santa Maria Val MĂŒstair am Umbrailpass. Es ist auch schon um zwei durch. Wir setzen uns wieder auf unsere FahrrĂ€der und sagen zu unseren drei WeggefĂ€hrten „Auf Wiedersehen“. Der Radweg ist wirklich schön, vorbei am Staudamm und den unendlich vielen Sprinklern. Es ist heiß hier. Da vorn ist ein Sprinkler, der fast auf den Weg spritzt. Ich stelle mich darunter. Chris hat darauf zwar keine Lust, macht aber netterweise ein Bild und mir wird endlich der Kopf wieder etwas kĂŒhler.

Duschen

Bis zum Campingplatz in Santa Maria fahren wir noch ein paar Meter, und ab Schluderns ist der Spaß des Rollenlassens auch wieder vorbei. Es geht hoch, der Radweg wird zum Schotterweg und die Beine sind auch nicht mehr das, was sie heute frĂŒh waren. Auf dem Campingplatz kommen wir dennoch an und ich werde gleich erkannt und begrĂŒĂŸt. Letztes Jahr war ich auch schon hier. Damals mit Chris‘ Fahrrad, nur so sehr beladen, dass man mich kaum hinter den Packtaschen erkannte.

Die Qual mit der letzten Kurve und die Panne am Berg

Wir stehen frĂŒh auf, genauer gesagt, steht Chris schon vor unserem Tarp. Seine Seite ist wie die letzten Tage auch schon wieder in seinen Packtaschen verschwunden. Ich bin kein Morgenmensch. Als der Wecker das erste Mal klingelte, war es 7:30 Uhr. Jetzt zeigt mein Handy schon 8:00 Uhr. Allein wĂŒrde ich noch liegen bleiben, um es mir aber mit Chris nicht zu versauen, stehe ich mal lieber auf. Ich werde eh noch mindestens eine Stunde brauchen. Zum GlĂŒck kennt er mich schon seit der Grundschule und weiß, dass mit mir vor 9:00 Uhr nicht viel los ist.

Chris ist schon zwei Kurven weiter bzw. ĂŒberhaupt schon zwei Kurven gefahren, da steh ich noch unten und bereite mich vor. Mein Sitzfleisch schmerzt höllisch von den letzten drei Tagen. Ich habe sogar eine kreisrunde gescheuerte Stelle, die ich nur durch Sitzcreme ertrage. Die Uhr sagt 9:40 Uhr, ich muss jetzt hinterher dĂŒsen, strampeln. Nach ein paar Serpentinen habe ich Chris eingeholt. Mein Körper stellt sich so langsam auf den Berg ein. Die Beine funktionieren trotz Brot recht gut. Wir schnaufen uns den Berg hoch. Die Serpentinen hören auf. Jetzt geht die Straße links und rechts zwischen den Bergen entlang. Der kleine Bach und die Viehherden sind neben den Bergen die Hauptattraktion. Ich fĂŒhle mich wohl hier. Letztes Jahr spĂŒrte ich schon diese Freiheit, das schroffe fĂŒr mich lebensfeindliche Klima auf 2000 Höhenmeter. Wir kommen an dem zweiten Teil des Passes an. Der Schnee, so wie ich hoffte, ist schon dahingeschmolzen. Die nĂ€chsten Kurven bleiben.

Serpentinen am Umbrailpass

Auf einmal knallt es. Die Kette an Chris‘ Rad ist zwischen die Speichen und das Ritzel gerutscht und durch einen festen Tritt noch einmal straff angezogen. Am Straßenrand versuche ich die Kette durch Ziehen aus ihrer engen Lage herauszulösen. Es hilft alles nichts. Das Kettenschloss bekomme ich nicht auf. Ich löse mit meinem Multitool einen Niet. Das Hinterrad nehmen wir raus. Jetzt ist erst einmal Arbeitsfreiheit geschaffen. Durch Hebeln der Kette bekomme ich sie schlussendlich aus ihrer misslichen Lage. Das Rad wieder rein, die Kette zusammen genietet und die HĂ€nde sind voller Erstaunen tief schwarz. Ich Idiot, dachte ich am Anfang, dass ich keine Handschuhe dabei habe. Gerade fĂ€llt mir ein, dass jeder von uns zwei Paar in seinem erste HilfepĂ€ckchen mit sich trĂ€gt. So gut es geht, wasche ich mir die schmierigen HĂ€nde mit der Seife und dem Wasser aus der Trinkflasche.

Umbrailpass Panne

Nach einem Weißbrötchensnack geht es weiter. Chris hat schon langsam keine Lust mehr, was auch an der Übersetzung liegt. Wenn man bei seinem Rad unter 7 km/h fĂ€hrt, wird es ungemĂŒtlich langsam. Der Umbrailpass ist relativ steil fĂŒr uns und das GepĂ€ck und wir fahren seit zwei Stunden genau an dieser Grenze. Die Oberschenkel brennen. Ich weiß, dass wir oben ankommen, wenn wir das ZollhĂ€uschen sehen. In meiner blassen Erinnerung wĂŒrde es auch gleich nach der nĂ€chsten Kurve kommen. Ganze 5/6 Mal kommt es nach der nĂ€chsten Kurve. Chris schreit den Berg schon an. Eigentlich meint er mich, denn ich habe die Route ausgewĂ€hlt. Endlich, das ZollhĂ€uschen! Wir sind oben, klatschen in die HĂ€nde, lassen schnell ein Bild machen und ziehen uns etwas ĂŒber.

oben auf dem Umbrailpass

Die Anstrengungen, die uns eben noch an den Rand der Vernunft und der abschweifenden Worte gebracht haben, sind fast vergessen.

Rasante Abfahrt zum nÀchsten Anstieg

Die Abfahrt wird der Wahnsinn. Bormio ist das Ziel der nÀchsten Stunde. Unendlich viele Kurven sind auf dem Weg. Meine Bremse quietscht gewaltig. Ich hÀtte die BremsbelÀge schon eine Woche eher wechseln sollen, um sie zu testen. Jetzt muss ich damit leben. Wir benutzen sie unfreiwillig, um in den Tunneln auf der Abfahrt die anderen Autofahrer auf uns aufmerksam zu machen. Nach 40 Minuten Abfahrt sind wir im Tal. Bormio sieht typisch italienisch aus. Wir kommen vorbei an kleinen Gassen und HÀusern mit mehreren Etagen sowie Balkonen mit leicht angerosteten GelÀndern.

Umbrailpass-Abfahrt Richtung Bormio

Hinter Bormio fahren wir nach Santa Caterina wieder hoch. Gezeichnet vom Umbrailpass, bleiben wir an einem Wasserspender stehen. Auf der Wiese davor machen wir Rast. Wir sitzen einfach, kommen nicht mehr weiter. Wir wissen, dass es nicht mehr weit ist, aber wir sitzen wie verwurzelt. Der Gaviapass steht morgen an, und jetzt schaffen wir nicht einmal die letzten Höhenmeter bis Santa Caterina. Chris legt sich aufs Gras. Wir dösen dahin, trinken und essen Weißbrot. Weißbrot ist mittlerweile zu meinem Energieriegel geworden. Chris hat Cola und RedBull fĂŒr sich entdeckt. Wir rappeln uns auf und fahren noch die letzten Meter unter völliger EntkrĂ€ftung. In Santa Caterina gibt es keinen richtigen Zeltplatz, aber einen Stellplatz fĂŒr Camper. Auf dieser Wiese machen wir es uns bequem. Eingekauft haben wir ja schon.

Der Gaviapass, HöhenflĂŒge auf mehr als 2000 Höhenmeter und die perfekte Planung der Tour

FrĂŒh morgens stehe ich auf, fast zeitgleich mit Chris. Die Nacht war unbequem wie nie. Unsere RĂŒcken fingen so langsam an, ĂŒber die Isomatten zu schimpfen. Taschen packen, Trinkflaschen im Ort auffĂŒllen, und dann geht es ran an den Berg. Der Gaviapass ist leichter zu fahren als der Umbrail. Er ist nicht so steil. Wir kommen gut voran, wir fluchen nicht einmal. Es macht einfach Spaß. Kurve fĂŒr Kurve, Pedalschlag fĂŒr Pedalschlag, mit kleinen Pausen aller 300/400 Höhenmeter, legen wir zurĂŒck, um nicht wieder in ein Tief wie am Vortag zu fallen. Oben auf dem Berg sind wir glĂŒcklich und fĂŒhlen uns wie Sieger. Die Bilder fĂŒr unsere Freunde sind geschossen. Wir fĂŒhlen uns großartig, wir haben etwas geschafft und wir sind geschafft.

Gaviapass

Gaviapass Chris

Gaviapass Matthias

Die Abfahrt nach Ponte di Legno war wieder lang, aber nicht so schön wie die vom Umbrail hinab. Im Tal angekommen, holt sich Chris ein belegtes Brötchen. Ich esse etwas Weißbrot. Allgemein habe ich den ganzen Tag nicht viel gegessen, verspĂŒre aber auch keinen großen Appetit. Der Schock sitzt tief, als wir bemerken, dass es nicht im Tal weitergeht, wie es den Anschein auf der Karte machte. Der Passo del Tonale wartet noch auf uns. Mit 1884 Höhenmeter ist dieser nicht so hoch. Wir sind noch auf 1300 Höhenmeter, jedoch hat uns der Gaviapass auch schon einiges an Kondition abverlangt. Chris kauft sich GummibĂ€rchen und noch eine Cola. Ich will weiter bei Weißbrot bleiben. Morgen sind wir am Gardasee. Einen Tag vor Ende breche ich jetzt nicht ab!

Unser beider Wille beflĂŒgelt uns. Die Cola und die GummibĂ€rchen geben Chris die nötige Energie, die ich zum GlĂŒck durch mein Training auf dem Rad noch irgendwo herhole. Oben auf fahren wir aber wirklich bis Dimaro nur noch bergab, ohne auch nur einen Meter wieder hoch zu mĂŒssen.

Passo del Tonale

Der letzte Abend vor dem Gardasee

Wir bauen auf dem Campingplatz unser Tarp auf, durch die Hitze auch mal anders. Es ist offen auf beiden Seiten, sodass der Wind durchweht. Chris geht ins Restaurant und bestellt sich Nudeln. Ich schaue mir an, wie weit es noch bis zum Gardasee ist und folge ihm, um mir ein Glas Wasser zu bestellen. SpĂ€t am Abend sehen wir Blitze durch das Tarp hindurch. Der Himmel weiter unten im Tal bebt. Uns fĂ€llt ein, dass unser Tarpaufbau heute absolut nicht fĂŒr so ein Wetter geeignet ist. Nicht, dass wir es nur an vier Heringen fest gemacht haben. Nein, diese sind nicht mal richtig im Boden versenkt, da er knĂŒppelhart ist! Eine halbe Stunde schauen wir dem Spektakel am Himmel zu, bis wir entscheiden, nichts zu Ă€ndern und abzuwarten.

Dimaro Camping

Ab jetzt geht es nur noch bergab, oder doch nicht?

Von Dimaro sind es bis an den Gardasee geschÀtzt 90 km und ein Berg, denke ich.
Los geht es, wie die letzten Tage, mit einem Berg. Der Unterschied des heutigen Morgens war aber, dass ich vor Chris aufgestanden bin. Auch wenn es nur Sekunden waren. Motiviert trotz der Kilometer und Höhenmeter der letzten Tage gehen wir an den Pass. GemĂŒtlich und ohne Stress fahren wir los. Ohne weitere Vorkommnisse haben wir ihn auch durch unsere Übung ĂŒberwunden.

Ab jetzt geht es nur noch bergab. Das stimmt auch so weit. Bis Tione, ab da ist es flach. Wir mĂŒssen schon treten, um weiter voranzukommen. Links oder rechts? Links, das ist der Radweg nach Stenico. Voller Vertrauen in uns und unseren Sinn nach neuen Höhenmetern fahren wir links und fahren doch wieder nach oben. ZurĂŒck wollen wir auch nicht, da wir sonst auf der Straße fahren mĂŒssten. Vielleicht haben wir aber auch nur ein Schild ĂŒberlesen. Von Stenico genießen wir einen schönen Blick in Richtung Gardasee und das Gewitter, welches ĂŒber die Berge zu uns heranzieht. Wir fahren schnell weiter, nur noch bergab. Wieder eine Entscheidung: Riva, 28 Kilometer oder 30 Kilometer? NatĂŒrlich 28 Kilometer ĂŒber Ballino. Wieder einmal nur bergauf, das wars dann aber auch. Das Gewitter zieht heran, es blitzt und donnert, es ist laut, windig, regnerisch. Wir fahren so schnell wir können, bis uns die Hagelkörner unter die BĂ€ume zwingen. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei und ab Ballino hat es gar nicht mehr geregnet.

fast angekommen

Wir sind pitschnass und suchen eine Unterkunft. Eine Jugendherberge ist angebracht, recht gĂŒnstig und in Ordnung. Zwei PlĂ€tze sind sogar noch frei. In Riva ist diese nicht weit vom See und dem Trubel entfernt. Jetzt wissen wir auch schon, wo wir schlafen. Noch einmal aufs Rad, die letzten 200 Meter warten.

Wir haben es geschafft! Die Bilder lassen wir schnell knipsen und dann direkt unter die Dusche.

Gardasee Alpencross

Frisch geduscht und mit den am wenigsten stinkenden Klamotten, setzten wir uns ins nÀchste Restaurant! Wir haben es uns verdient.

Pizza in Riva

Fazit

Sehr erstaunt waren wir ĂŒber die schnelle Wirkung von Cola, RedBull und GummibĂ€rchen. Chris nahm dies an den Bergen zu sich und keine zehn Minuten spĂ€ter lief es gleich viel besser. Sein Körper hatte noch einmal KrĂ€fte mobilisiert, die er zuvor nicht fĂŒr möglich hielt. Am Abend dachten wir darĂŒber nach, was mit der ganzen Energie beim TV-Schauen passiert?

Brot als solches ist lecker und ich wusste es zuvor wirklich nicht so zu schĂ€tzen. Ein Vollkornbrot ist gegen Weißbrot ein Höhenflug, was den Geschmack angeht. Wenn ich am Berg Hunger bekam, hat ein Weißbrot vom Mund bis zu den Beinen ungefĂ€hr 45 Minuten gebraucht, oder ich redete es mir nur ein. Wie dem auch sei, man kann sich eine Zeit lang nur von Brot ernĂ€hren! Der Appetit auf mehr und das stĂ€ndige GefĂŒhl, Obst und GemĂŒse essen zu wollen, ist aber nicht zu verachten.

Toastbrot macht ĂŒbrigens wirklich nicht lange satt. Eine Stunde, nachdem ich zehn Scheiben gegessen hatte, kam der Hunger zurĂŒck.

Tipp zum Eisessen in Riva del Garda

Im Eiscafe Flora kann ein richtig leckeres Eis essen. Eine Kugel kostet zwar einen Euro, ist aber riesig und der Geschmack ist einfach großartig! Ein leichter Wassernebel lĂ€dt auch bei Hitze zum Verweilen ein.

Eiscafe Flora, unsere Empfehlung!!!

Eiscafe Flora

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